Bemerkungen zur Monopoltheorie
Versuch einer Zusammenfassung der wichtigsten Punkte des gegenwärtig als gesichert
gelten könnenden Wissens
1. Der originäre Marxismus
Den Ansatzpunkt für eine jede Monopoltheorie bildet selbstverständlich Marxens Kritik
der politischen Ökonomie. Es ist also zunächst danach zu fragen, wie dort die freie
Konkurrenz – als Ausgangsbasis einer Monopolisierung – sowie etwaige Monopole selbst
behandelt werden.
1.1. Die Bedeutung der freien Konkurrenz
Im Rahmen der Kritik der politischen Ökonomie bildet die freie Konkurrenz geradezu
eine notwendige Bedingung für die Existenz des Kapitals. So stellt Karl Marx etwa in
den „Grundrissen“ fest: „Die FREIE KONKURRENZ ist die Beziehung des Kapitals auf sich
selbst als ein andres Kapital, d.h. das reelle Verhalten des Kapitals als
Kapitals. (...) Durch sie wird als äußerliche Notwendigkeit für das einzelne Kapital
gesetzt, was der Natur des Kapitals entspricht, (der) auf das Kapital gegründeten
Produktionsweise, was dem Begriff des Kapitals entspricht. (...) Die freie Konkurrenz
ist aber die adäquate Form des produktiven Prozesses des Kapitals.“ (Grundrisse, S. 550)
Und an einer anderen Stelle, an welcher er hinsichtlich der Konkurrenz auch von der
„innre(n) NATUR DES KAPITALS“ (Grundrisse, S. 327) spricht, fährt er dann fort: „Kapital
existiert und kann nur existieren als viele Kapitalien, und seine Selbstbestimmung erscheint
daher als Wechselwirkung derselben aufeinander.“ (Grundrisse, S. 327)
1.2. Die möglichen Formen von Monopolen
Bekanntermaßen und nach den bisherigen Ausführungen nur folgerichtig entwickelt Karl
Marx seine Darstellung der kapitalistischen Ökonomie im „Kapital“ zunächst ganz unter
der Annahme einer ungestörten Mobilität und freien Konkurrenz des Kapitals und der damit
schließlich verbundenen Herausbildung einer Durchschnittsprofitrate. Erst nachdem diese
Grundlage geschaffen ist, behandelt Marx die Monopolproblematik, was bereits anzeigt, daß
er eine Vorstellung von Monopolen hat, welche sie bloß als eine mehr oder weniger dauerhafte
Störung der freien Konkurrenz, als die Ausnahme von der Regel, betrachtet.
Genauer gesagt: es liegt ein Monopol vor, wenn es bezogen auf ein oder mehrere Unternehmen
eine Schranke für die Mobilität des Kapitals gibt, welche einen Ausgleich der Profitraten
verhindert und damit das bzw. die betreffenden Unternehmen der Konkurrenz entzieht. Hierzu
nun Marx, der an dieser Stelle sehr deutlich darauf hinweist, daß seine Auffassung von Monopolen
lediglich zu einer weiteren Modifikation des Wertgesetzes führt, dessen grundsätzliche Gültigkeit
und Wirksamkeit aber im vollen Umfang erhalten bleibt.
„Findet endlich die Ausgleichung des Mehrwerts zum Durchschnittsprofit in den verschiednen
Produktionssphären ein Hindernis an künstlichen oder natürlichen Monopolen (...), so daß ein
Monopolpreis möglich würde, der über den Produktionspreis und über den Wert der Waren stiege,
auf die das Monopol wirkt, so würden die durch den Wert der Waren gegebnen Grenzen dadurch nicht
aufgehoben. Der Monopolpreis gewisser Waren würde nur einen Teil des Profits der andern
Warenproduzenten auf die Waren mit dem Monopolpreis übertragen. Es fände indirekt eine örtliche
Störung in der Verteilung des Mehrwerts unter die verschiednen Produktionssphären statt, die aber
die Grenze dieses Mehrwerts selbst unverändert ließe.“ (Das Kapital, Bd. III, S. 868f)
Über die hier angesprochenen Formen von Monopolen hinaus, nämlich den natürlichen (die auf dem
Privateigentum an einer abgegrenzten und nicht zu ersetzenden Naturkraft beruhen) und den
künstlichen (die von außerökonomisch gesetzten Bedingungen begründet werden), – beide sind
auch als Monopole „im gewöhnlichen Sinn“ (Das Kapital, Bd. III, S. 209) zusammenzufassen – existieren
Marx zufolge schließlich nur noch die sog. zufälligen Monopole: „Unter zufälligem Monopol
verstehn wir das Monopol, das dem Käufer oder Verkäufer erwächst aus dem zufälligen Stand
von Nachfrage und Angebot.“ (Das Kapital, Bd. III, S.187)
(An dieser Stelle wird unterstellt, daß auch im letzten Falle das Wertgesetz zwar modifiziert
aber nicht außer Kraft gesetzt wird.)
Bliebe noch anzumerken, daß der mit einer Monopolstellung verbundene Monopolprofit selbstverständlich
eindeutig zu unterscheiden ist vom Surplusprofit bzw. Extraprofit, welcher aufgrund einer technisch
begründeten, überdurchschnittlichen Produktivität eines einzelnen Unternehmens entsteht.
2. Die Theorie vom staatsmonopolistischen Kapitalismus (StaMoKap)
2.1. Historische Entwicklung der Theorie
Während das Monopol bei Marx als ökonomisches Phänomen, als zeitweise oder lokale Aufhebung
der Konkurrenz bzw. Aufhebung der Ausbildung einer Durchschnittsprofitrate, analysiert wird,
wird in der Theorie von Rudolf Hilferding – dargelegt in seinem 1910 erschienenen Werk „Das
Finanzkapital“ – die Bildung von Monopolen zur vorherrschenden Tendenz in der Entwicklung des
Kapitalismus. Eine wichtige Rolle spielt hierbei das Bankkapital, das laut Hilferding mit dem
Industriekapital zum „Finanzkapital“ verschmolzen ist, wobei das Bankkapital die vorherrschende Rolle spielt.
Bei Lenin, der sich im Hinblick auf die Rolle des Finanzkapitals und die Entwicklung der
Monopole positiv auf Hilferding bezieht, wird das Monopol schließlich zum Charakteristikum
eines neuen, dem „Konkurrenzkapitalismus“ entgegen gesetzten Stadiums des Kapitalismus, der
von ihm als „Imperialismus“ bezeichnet wird: „Würde eine möglichst kurze Definition des
Imperialismus verlangt, so müßte man sagen, daß der Imperialismus das monopolistische Stadium
des Kapitalismus ist.“ (Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, in: Werke, Bd. 22, S. 270)
Wie von Lenin weiter dargestellt, wächst der monopolistische Kapitalismus in den
staatsmonopolistischen Kapitalismus hinüber und die Macht der Monopole verschmilzt
mit der Macht des Staates (Vgl.: Staat und Revolution, in: Werke, Bd. 25, S. 423).
In diesem Prozeß ordnen sich die Monopole den Staatsapparat unter, wie Stalin – in
der Diskussion um die Verfassung des in den fünfziger Jahren in der Sowjetunion
herausgegebenen Lehrbuches der politischen Ökonomie – präzisiert: „Der Ausdruck
‚Zusammenwachsen’ paßt nicht. Dieser Ausdruck stellt oberflächlich und beschreibend
die Annäherung der Monopole und des Staates fest, deckt aber nicht den ökonomischen
Sinn dieser Annäherung auf. Es ist so, daß der Prozeß dieser Annäherung nicht einfach
zum Zusammenwachsen führt, sondern zur Unterordnung des Staatsapparats unter die Monopole.
Darum sollte man auf das Wort ‚Zusammenwachsen’ verzichten und es durch die Worte ‚Unterordnung
des Staatesapparats unter die Monopole’ ersetzen.“ (Ökonomische Probleme des Sozialismus
in der UdSSR, in: Werke, Bd. 15, S. 215)
2.2. Grundlegende Positionen der Theorie
Die StaMoKap-Theorie geht von einer deutlich historisierenden Interpretation der Kritik
der politischen Ökonomie aus, welche sie zu einer periodisierenden Auffassung des
Kapitalismus führt.
Den bedeutendsten Umbruch bildet dabei sicherlich der angeblich durch die Prozesse
der Konzentration und Zentralisation bewirkte Wandel vom Konkurrenzkapitalismus
zum Monopolkapitalismus. In diesem Zusammenhang von besonderer Relevanz ist nun der
Umstand, daß mit dem besagten Wandel das Wertgesetz im Hinblick auf seine regulative
Rolle weitgehend durch reine Machtbeziehungen ersetzt wird.
2.2.1. „Moderne“ Monopole
Die StaMoKap-Theorie behauptet die Existenz von sog. „modernen“, d.h. ausschließlich
auf Basis der Konzentration und Zentralisation des Kapitals entstandenen, Monopolen (Vgl.
Jordan, S. 166f). Diese Monopole besitzen ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung
offensichtlich allein aufgrund der Unternehmensgröße und der damit verbundenen Machtposition
hinsichtlich entscheidender Teile des kapitalistischen Produktions- und Reproduktionsprozesses.
Hierzu sei die Definition eines Monopols angeführt: „Das MONOPOL ist ein Übereinkommen,
ein Verband oder eine Vereinigung von Kapitalisten, die in ihren Händen die Produktion
und den Absatz eines bedeutenden Teiles der Erzeugnisse eines oder mehrerer Produktionszweige
konzentrieren zwecks Festsetzung hoher Warenpreise und Erzielung großer Monopolprofite." (Lehrbuch, S. 258)
2.2.2. Monopolprofit und Monopolpreis
Dieser Anschauung entsprechend richtet sich dann die Höhe des Monopolprofites und des
mit diesen verbundenen Monopolpreises (Monopolpreis = Kostpreis + Monopolprofit – vgl.: Lexikon,
Bd. II, S. 205) in der Sicht der StaMoKap-Theorie konsequenterweise im Wesentlichen nach
der jeweiligen Machtposition der Monopole.
So wird denn auch der Monopolprofit wie folgt erläutert: „Extraprofit, der infolge der
Errichtung einer ökonomischen Machtposition des Monopolkapitals von den Monopolen erzielt
wird und durch das Fehlen einer freien Konkurrenz nicht zum Durchschnittsprofit ausgeglichen
wird.“ (Lexikon, Bd. II, S. 206)
2.2.3. „Monopolistische“ Konkurrenz
Gemäß der StaMoKap-Theorie findet die Auseinandersetzung der Monopole untereinander sowie
der Monopole mit dem nicht monopolisierten Kapital nicht mehr in Form der freien Konkurrenz,
sondern in der Form der „monopolistischen“ Konkurrenz statt. Diese neue Ausprägung der
Konkurrenz, welche zugleich eine Verlagerung von der ökonomischen zur politischen Ebene
beinhaltet, wird folgendermaßen beschrieben: „Brutaler Kampf der imperialistischen Monopole
untereinander und gegen das nicht monopolisierte Kapital um die Sicherung und Erweiterung ihrer
Monopolstellungen mit dem Ziel, Monopolprofit zu realisieren.“ (Lexikon, Bd. II, S. 204)
2.2.4. Staatsmonopolistischer Kapitalismus
Der eigentliche staatsmonopolistische Kapitalismus (StaMoKap), der sich dann vor dem Hintergrund
der Allgemeinen Krise entwickelt und die höchste Stufe des monopolistischen Kapitalismus darstellt,
führt schließlich zu einer Unterordnung des Staates unter die Herrschaft der Monopole.
3. An Stelle einer Monopoltheorie
3.1. Grundlegende Überlegungen
Ausgehend von der Überzeugung, daß im Kapitalismus zumindest in letzter Instanz alles
dem Streben nach Profit untergeordnet wird, ist der Prozeß der Monopolisierung nur dann
zu erklären, wenn unterstellt werden kann, daß ebendieser Prozeß für die dadurch entstehenden
Monopole zu einer erhöhten Profitabilität führt. In diesem Sinne bildet bereits die reine Existenz
von Monopolen einen klaren Beweis für das Vorhandensein einer speziellen Monopolproblematik, welche
dann zu ihrem Verständnis die Entwicklung einer wissenschaftlichen Monopoltheorie erforderlich macht.
Genau eine solche Monopoltheorie war immerhin in bedeutenden Ansätzen im originären Marxismus
gegeben; diese wurde jedoch im Folgenden von den Marxisten – wenigstens im Hinblick auf ihr
wissenschaftliches Niveau – nicht fortentwickelt.
Der Beitrag der StaMoKap-Theorie zu dieser Problematik, nämlich der Versuch, alle diesbezüglichen
ökonomischen Beziehungen allein auf Machtverhältnisse zurückführen zu wollen, bewirkt allerdings
statt einer Aufklärung eher eine Verschleierung.
EXKURS: Bürgerliche Marktformentheorie
Bekanntlicherweise unterscheidet die traditionelle bürgerliche Marktformentheorie entsprechend der
Zahl der Marktteilnehmer zwischen einem Monopol, einem Oligopol und einem Polypol. Während dabei
der Preis im Polypol eine vorgegebene Größe ist, bildet er im Oligopol eine beeinflußbare Größe und
stellt im Monopol eine festzusetzende Größe dar. Legt man an diese Einteilung die Monopol-Definition
von Karl Marx an, nämlich die Existenz einer Schranke für die Mobilität des Kapitals, welche eine Konkurrenz
und damit einen Ausgleich der Profitraten verhindert, so kann festgestellt werden, daß unter diese Definition
nicht nur erwartungsgemäß das Monopol, sondern im Großen und Ganzen ebenso das Oligopol fällt. Denn bei einem
Oligopol führt die wechselseitige Abhängigkeit der daran beteiligten Unternehmen nicht selten zu dem Ergebnis,
daß diese – um eine ruinöse Preiskonkurrenz zu vermeiden – zumindest den Preiswettbewerb weitgehend einstellen
und stattdessen die Branche gemeinsam beherrschen, d.h. sich wie ein einziges Monopol verhalten.
So gelangen denn auch E.K. Hunt und Howard J. Sherman in ihrem Buch „Ökonomie. Aus traditioneller und radikaler
Sicht“ zu dem Resultat: „Unserer Ansicht nach kann man die Ergebnisse der Monopoltheorie im allgemeinen auch
auf Oligopole übertragen.“ (Hunt/Sherman, Bd. I, S. 89)
Und an einer anderen Stelle noch etwas präziser: „Die Preise eines Oligopols unterscheiden sich im
allgemeinen kaum von denen eines Monopols.“ (Hunt/Sherman, Bd. I, S. 101)
Konsequenterweise kommen Hunt und Sherman dann zu der Auffassung, daß es in meisten Fällen
durchaus angebracht ist, jedes allein schon durch seine Größe marktbeherrschende Unternehmen
bereits als Monopol zu bezeichnen (Vgl.: Hunt/Sherman, S. 100). Von einem solchermaßen modifizierten
Monopolbegriff gehen sie denn auch aus, wenn sie die Bedeutung der Monopole für die gesamte Wirtschaft
zur Sprache bringen und hierbei zu folgender Einschätzung gelangen: „Wenn wir auch die Branchen, deren
Mitglieder sich wie Alleinanbieter verhalten, als Monopole bezeichnen können, so ist die Mehrzahl der
wichtigen Märkte, in einer modernen Volkswirtschaft monopolisiert.“ (Hunt/Sherman, Bd. I, S. 89)
Und ein anderer Autor schließlich, nämlich Wilfried Röhrich, der diesbezüglich eine vergleichbare
Position mit einer ähnlichen Modifikation des Monopolverständnisses vertritt, konstatiert:
„Auf Oligopoltheorien läßt sich weitgehend der Erklärungsgehalt der Konzeptionen des MONOPOLKAPITALISMUS
zurückführen.“ (Röhrich, S. 146 – vgl. auch S. 47ff)
3.2. Sichere Aussagen
Angesichts des derzeit gegebenen Forschungsstandes zur Monopoltheorie lassen sich nur in einem
sehr begrenzten Umfang sichere Aussagen zur Monopolproblematik machen, welche zudem nur einige
Rahmenbedingungen für die grundlegenden Größen des Monopolprofites und damit auch des Monopolpreises
betreffen:
- Das Wertgesetz und die durch dieses gesetzten Grenzen müssen stets gewahrt werden.
- Die Reproduktion des gesamtgesellschaftlich relevanten Kapitals muß – insbesondere
auch bezüglich des Gebrauchswertes – grundsätzlich erhalten bleiben. (Dies gilt zum Beispiel
für die Austauschverhältnisse zwischen Abteilung I – Produktionsmittel – und Abteilung II – Konsumgüter.)
- Im Falle einer Zugrundelegung eines Zwei-Sektoren-Modells, bei welchem die gesamte Wirtschaft
in einen monopolistischen und einen nichtmonopolistischen Bereich aufgeteilt wird, ist die mögliche
Umverteilung abhängig vom Größenverhältnis der beiden Sektoren.
Bei einer Zusammenfassung aller drei genannten Punkte lassen sich darüber hinaus noch weitere
Aussagen gewinnen, die zwei mögliche Grenzen der Umverteilung und damit der möglichen Höhe eines
Monopolprofites angeben:
- Absolute Grenze: der gesamte Profit wird vom monopolistischen zum nichtmonopolistischen
Sektor hin umverteilt.
- Relative Grenze: nur ein Teil des Profites wird umverteilt; im nichtmonopolistischen Sektor
bleibt gerade noch soviel Mehrwert, daß dessen Reproduktion auf Dauer gewährleistet ist.
Entsprechende Rahmenbedingungen für die Höhe des Monopolpreises ergeben sich aus der
Beziehung: Monopolpreis = Kostpreis + Monopolprofit.
3.3. Offene Fragen
Komplementär zu den sehr wenigen sicheren Aussagen verhält es sich mit den noch ungelösten
Problemen. Diese beziehen sich zunächst einmal auf alle komplexeren Fälle, welche über den
soeben dargestellten Zwei-Sektoren-Fall hinausgehen; sie betreffen aber ebenfalls eine ganze
Reihe von weiteren Problemfeldern:
- die Bedeutung der unterschiedlichen Ausprägungen von Monopolen (Konzerne, Kartelle, Syndikate, Trusts)
- die Bedeutung der verschiedenen Formen der Konzentration und Zentralisation (horizontal integriert, vertikal integriert, konglomeriert)
- die Bedeutung einer ganzen Reihe von „Monopolisierungsgraden“ (etwa in Bezug auf eine mögliche „Gewichtung“ derselben)
- die Bedeutung der diversen Branchen (hinsichtlich den produzierten Gebrauchswerten)
- die Bedeutung des gegebenen Rahmens (national oder international).
Diese Aufzählung erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit und würde sich
sicherlich noch beliebig fortschreiben lassen.
3.4. Plausible Erklärungen
Wenngleich auch – wie aufgezeigt – beim dem gegenwärtig gegebenen Entwicklungsstand
der Monopoltheorie ihre Ergebnisse nach wie vor erheblich beschränkt sind, so scheint
es doch möglich zu sein, durch eine Herabstufung des angelegten Erklärungsniveaus noch
zu weiteren Einsichten zu gelangen.
So kommt zum Beispiel Paul M. Sweezy bei seiner Untersuchung der Monopolproblematik
(Sweezy, S. 300-336) zwar zunächst zu der Schlußfolgerung, daß es im streng wissenschaftlichen
Sinne keine Gesetzmäßigkeiten im Hinblick auf den Monopolpreis gibt: „Man hat keine allgemeinen
Gesetze des Monopolpreises gefunden, weil es keine gibt.“ (Sweezy, S. 319)
Dennoch gelangt er im weiteren Verlauf seiner Ausführungen zu einer Reihe von Aussagen, welche
nach seiner Einschätzung „mit einem großen Grad von Allgemeinheit und Sicherheit“ (Sweezy, S. 319)
gelten sollen:
- Beim Monopol ist der Preis höher als beim Wettbewerb.
- Beim Monopol ist der Ausstoß niedriger als beim Wettbewerb.
- Der Preis ist umso höher, je vollständiger das Monopol ist.
- Der Preis ist umso höher, je unelastischer die Nachfrage ist.
(Vgl.: Sweezy, S. 319f) Wobei er zum Ende ausdrücklich betont: „Wir dürfen aber nicht erwarten,
daß wir die Theorie des Monopolpreises quantitativ präzisieren können.“ (Sweezy, S. 320)
Ganz ähnlich stellt sich der Sachverhalt dann auch im Zusammenhang mit dem Monopolprofit dar; hierbei
entwickelt Sweezy die Auffassung, daß es zu einer Herausbildung einer – dem Grad der Monopolisierung
der diversen Branchen entsprechenden – „Hierarchie der Profitraten“ kommt: „Statt dessen erhalten wir
eine Hierarchie der Profitraten, angefangen bei den höchsten in der Großindustrie, wo vollkommene, gut
geschützte Zusammenschlüsse relativ leicht zu errichten sind, bis zu den niedrigsten in den Betrieben der
Kleinindustrie, wo zahlreiche Firmen nebeneinander bestehen und die Leichtigkeit des Zutritts stabile
Kombinationen verhindert.“(Sweezy, S. 322)
Es ist noch zu untersuchen, ob und inwieweit sich die Liste der plausiblen Erklärungen künftig weiter
vervollständigen läßt.
Postscriptum:
Gleichwohl gilt es zum Schluß eindeutig festzuhalten: Das Buch von Sweezy enthält keine – über Marx
hinausgehende – Monopoltheorie und ersetzt keine Monopoltheorie. Die Entwicklung einer solchen bleibt
immer noch eine Herausforderung für die kommunistische Bewegung.
4. Eine provisorische Begriffsbildung
Vor dem Hintergrund der geschilderten Überlegungen erscheint es als zweckmäßig, bis auf Weiteres von
zwei verschiedenen Monopolbegriffen auszugehen:
- Einerseits der Monopolbegriff des originären Marxismus – und auch jener der bürgerlichen
Marktformentheorie –, der denselben nur in strikter Form verwendet: ein solcher Monopolbegriff
„im engeren Sinne“ ist zwar in der Praxis nur ausnahmsweise zutreffend, dennoch wird er aber
die natürliche Grundlage für jede weitere Entwicklung einer Theorie des Monopols bilden.
- Andererseits ein Monopolbegriff, welcher dem Oligopolbegriff der bürgerlichen Marktformentheorie
entspricht: ein solcher Monopolbegriff „im weiteren Sinne“ erscheint zwar in theoretischer Hinsicht
durch seine nicht unerhebliche Unschärfe als eher problematisch, allerdings kann er in praktischer
Hinsicht durch sein hohes Maß an Relevanz als gerechtfertigt gelten.
Eine Anmerkung zur Erläuterung:
Der Monopolbegriff der StaMoKap-Theorie ist aufgrund seiner engen und wesentlichen Verbindung mit
dem soziologischen Kriterium der Macht von einer ausgesprochenen Willkürlichkeit gekennzeichnet, die
denselben für Unternehmen eigentlich jeder beliebigen Größe und Marktbedeutung völlig offen sein läßt.
Demgegenüber erweist sich der Oligopolbegriff der bürgerlichen Marktformentheorie mit seinem ökonomischen
Kriterium der Möglichkeit einer Marktbeeinflussung zumindest im Prinzip als deutlich präziser und damit für
eine weitere Forschung als grundsätzlich weitaus besser geeignet.
Bliebe am Ende nur noch festzuhalten, daß die dargestellte Begriffsbildung, wie bereits vorangesetzt wurde,
ausschließlich einen provisorischen Charakter besitzt und daß damit selbstverständlich noch keine Präjudizierung
im Hinblick auf eine mögliche, künftige Monopoltheorie gemacht werden soll.
5. Literaturverzeichnis
- Altvater; Elmar: Wertgesetz und Monopolmacht, in: Hilferding, Rudolf: Das Finanzkapital. Eine
Studie über die jüngste Entwicklung des Kapitalismus; Berlin 1947
- Hunt, E.K./ Sherman, Howard J.: Ökonomie. Aus traditioneller und radikaler Sicht (Bd. I+II);
deutsche gekürzte Erstausgabe; 2.Auflage; Kronberg/Ts. 1977
- IMSF(Hrg.): Das Monopol – ökonomischer Kern des heutigen Kapitalismus. Theoretische und aktuelle
Gesichtspunkte der marxistisch-leninistischen Monopoltheorie; Frankfurt a. M. 1976
- Jordan, Dirk: Der Monopolbegriff im System der Kritik der politischen Ökonomie,
in: Rolf Ebbighausen (Hrsg.): Monopol und Staat. Zur Marx-Rezeption in der Theorie des
staatsmonopolistischen Kapitalismus; Erstausgabe; 1.Auflage; Frankfurt a. M. 1974
- Lenin, W.I.: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus,
in: ders.: Werke, Bd. 22; Berlin 1960
- Lenin, W.I.: Staat und Revolution, in: ders.: Werke, Bd. 25; Berlin 1972
- Marx, Karl: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, Buch I-III,
in: Karl Marx/ Friedrich Engels: Werke, Bd. 23-25; Berlin 1962ff
- Marx, Karl: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie,
in: Karl Marx/ Friedrich Engels: Werke, Bd.42; Berlin 1983
- Ökonomisches Lexikon (Bd. I+II); Berlin 1967
- Politische Ökonomie. Lehrbuch ; 2. Auflage; 301.-400. Tausend; Berlin 1955
- Röhrich, Wilfried: Politik und Ökonomie der Weltgesellschaft. Das internationale
System; Reinbek b. Hg. 1978
- Seidel, Ulrich: Probleme der Monopoltheorie, in: Aufsätze zur Diskussion,
Nr. 45; 10. Jg.; April 1988
- Stalin, J.W.: Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR,
in: ders.: Werke, Bd. 15; Dortmund 1979
- Sweezy, Paul M.: Theorie der kapitalistischen Entwicklung. Eine analytische Studie
über die Prinzipien der Marxschen Sozialökonomie; 6. Auflage: 42.-43. Tausend; Frankfurt. a. M. 1981