Empirische Untersuchung

Fragestellung

Das Schlagwort „Globalisierung“ wird in deutschen Mainstream-Medien im Sinne eines abrupten und schnellen wirtschaftlichen Entwicklungs- sprungs verwendet, welcher in kurzer Zeit zu schrankenloser inter- nationaler Konkurrenz und zum angeblichen Verschwinden politischer Einflussmöglichkeiten geführt habe. Die „Globalisierung“ genannte Entwicklung habe keinen genauen Zeitrahmen, keine erkennbare Ursache und keine politischen Protagonisten. Diese wirtschaftliche Entwicklung wird als abstrakte Macht verklärt, die Menschen und Politiker auf einmal zwinge, sich „neuen“ Regeln einer schrankenlosen Konkurrenz zu beugen, in der sich die Produzenten vergleichen müssen. Es scheint sich um eine Naturgewalt zu handeln, die den Staaten trotz der gewollten und organisierten Konkurrenz alle Einflussmöglichkeiten nehme.

Die zentrale Fragestellung unserer Untersuchung ist: Beschreibt das Schlagwort Globalisierung tatsächlich wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen? Ist eine Beschleunigung der wirtschaftlichen Inter- nationalisierung erkennbar, so dass das der Ruf nach beschleunigten Anpassungsprozessen gerechtfertigt scheint? Oder ist das Schlagwort Globalisierung nur ein Kampfbegriff durch den suggeriert werden soll, dass die Staaten plötzlich schutz- und hilflos schrankenlosen Regeln der internationalen Konkurrenz ausgeliefert sind, so dass Löhne und Arbeitnehmerrechte eingeschränkt werden müssen.

Wir beziehen uns bei dem Begriff Globalisierung auf den Sprachgebrauch in den deutschen Mainstream-Medien und haben unsere Untersuchungen auf die wirtschaftlichen Daten deutscher Konzerne beschränkt. Entsprechende Untersuchungen für andere Wirtschaftsräume, wie z.B. die USA oder Japan, wären ebenfalls interessant. Dies konnte von uns bislang nicht geleistet werden.

Methodisches

Um die Veränderung der Auslandsanteile von Umsatz und Beschäftigten der betrachten deutschen Unternehmen zu untersuchen, haben wir insgesamt ca. 800 Einzeldaten erfasst und ausgewertet. Wir haben die Veränderung der Auslandsanteile abhängig vom Jahr, von der Branche und vom Anfangswert untersucht. Aus den Analysen ergab sich eine statistisch auffälliger (nicht zufälliger) Einfluss aller drei Einflussgrößen. Nicht überraschend ist, dass die Auslandanteile mit den Jahren zunehmen. Auch das ein Zusammenhang zwischen den Anfangswerten und den Folgewerten besteht ist weitgehend trivial. Ein wesentliches Ergebnis unsere Analysen ist, dass auch wenn man über diese beiden Einflussgrößen mittelt man einen Unterschied zwischen verschiedenen Branchen erkennt. Vergleicht man nun die einzelnen Branchen paarweise miteinander kristallisieren sich im wesentlichen zwei Gruppen von Branchen heraus. Zwischen den Branchen dieser beiden Gruppen lassen sich fast immer statistisch signifikante Unterschiede finden, innerhalb der Gruppen nicht. Die eine Gruppe bezeichnen wir im folgenden als "produzierende Branchen" (Chemie/Pharma, Computer, Elektrotechnik / Elektronik, Stahl/Metall, Texil). Die andere Gruppe bezeichnen wir als "Dienstleistungsbranchen" (Handel, Information / Kommunikation, Lebensmittel, Maschinen / Anlagen, Verkehr / Tourismus). Eine dritte Gruppe von Firmen konnte nicht eindeutig zugeordnet werden.

Der relative Auslandsanteil von Umsatz und Beschäftigten stieg in den Dienstleistungsbranchen um 0,1%-0,2% / Jahr (nicht statistisch auffällig). Wohingegen diese relativen Auslandsanteile in den produzierenden Branchen um 1% / Jahr stiegen. Beim Umsatz lässt sich eine stärkerer Anstieg als bei den Beschäftigten erkennen.

Diese gefunden Ergebnisse sollten mit weiteren statistischen Methoden überprüft werden. Hierzu wurden mit einem Verfahren die Beobachtungen derartig in Clustern zusammenfasst, dass die Unterschiede innerhalb der Cluster möglichst gering und zwischen den Clustern möglichst groß ausfallen. Das Verfahren ergab drei Cluster, die zum Teil mit den vorher gefundenen Gruppen übereinstimmen. Die erhalten Ergebnisse stehen in keinem Widerspruch zu den sich im vorherigen Verfahren ermittelten Branchen-Gruppen.

Resultat

Die Ergebnisse unserer empirischen Untersuchung können im Wesent- lichen in den folgenden drei Punkten zusammengefaßt werden:

Aus den angeführten Resultaten folgt, dass die im Abschnitt 1 genannten marxistischen Interpretationen beide demselben Irrtum unterliegen. Sie betrachten jeweils nur wenige extreme Beispiele und verallgemeinern ausgerechnet diese Beispiele.

Entwicklung des Auslandsanteils Umsatz

Entwicklung des Auslandsanteils Beschäftigte

Umsatz/Beschäftigte abhängig vom Jahr

Arbeitungsgruppe Imperialismus (AGI)